Nicht Freiheit, ist die einzige die fehlt…

sondern eine unpolemische, offene Auseinandersetzungen und tiefergende Analysen mit den sich fast überschlagenden politischen Ereignissen und der viel ernannten „Krise der Demokratie“ – ja und hier ist auch konkret eine geschlechtersensible Analyse gemeint.

Die gegenwärtige politische Landschaft wirkt wie ein verzerrtes Spiegelbild vergangener Zeiten – eine Bühne, auf der das Bild des „starken Mannes“ weiterhin dominierend ist. Ob es Trump, Putin oder die deutschen Spitzenkandidaten Merz und Scholz sind: Alle propagieren ein Modell, das sich allein durch Kraft und Durchsetzungsvermögen definiert. Statt gemeinsamer Problemlösung, Solidarität oder feiner Nuancen dominiert das laute „Auf-den-Tisch-hauen“. Ehrliche Analysen, Empathie und kooperative Ansätze rücken dabei konsequent in den Hintergrund.

Zugleich wird immer deutlicher, dass das Fehlen geschlechtersensibler Stimmen in der öffentlichen Debatte ein zentrales Problem darstellt. So blieb beispielsweise Angela Merkels Kommentar „Männer“ zur Bewertung des Bruchs in der Ampelkoalition eine der wenigen öffentlichen Stellungnahmen, die den Blick auf die geschlechtsspezifischen Dynamiken in der Politik lenkte. In einem politischen Umfeld, in dem alternative Perspektiven nahezu unterdrückt werden, fehlt es an kritischen Stimmen, die den Blick auf Machtstrukturen und den fortbestehenden patriarchalen Diskurs richten.

Erstaunlich war zunächst, dass Anna-Lena Baerbock mit der Idee einer feministischen Außenpolitik antrat – sie hatte sowohl die Plattform als auch die Position, um diesen Ansatz in den Vordergrund zu rücken. Doch inzwischen scheint es, als wäre die Chance, feministische Analysen stärker in die Alltagspolitik einzubinden, nicht nur verpasst worden, sondern der Ansatz wird durch die aktuellen Entwicklungen, die Aufrüstungsrhetorik und die rein militärisch orientierten Pläne fast schon ins Lächerliche gezogen. Dabei liegt die Verantwortung nicht allein bei Baerbock: Der Ruf des Kanzlers nach einer „Zeitenwende“ und ein politisches Umfeld, das sich zunächst uneinig zeigt und später krampfhaft versucht, Probleme nur dann zu benennen, wenn angeblich eine einfache Lösung möglich ist – ohne die dahinterliegenden Strukturen anzugehen oder offen zu machen, dass viele Probleme eine Art Nebenfolge von unserem Lebensstil sind und wir uns schon verändern müssen – tragen ebenfalls zu diesem Missstand bei.

Es ist fast tragisch, dass ein Außenministerium unter junger, weiblicher Führung zu Beginn noch feministische Ziele formulierte, diese aber heute an keiner Stelle mehr aufgegriffen werden. In einer Zeit, in der das Festhalten am traditionellen Bild des „starken Mannes“ immer mehr als politische Normalität erscheint, müssen wir uns fragen: Wie lange soll es noch dauern, bis eine wirklich geschlechtersensible Analyse die Bühne betritt? Der aktuelle patriarchale Gegenwind ist – ironischerweise – ein Zeichen dafür, dass die bisherigen Erfolge der feministischen Bewegung so stark waren, dass sie nun mit massivem Widerstand konfrontiert werden. Und dieser Gegenwind ist plötzlich ideologischer, irrationaler und sehr mächtig, daher bleibt die dringende Forderung: Es braucht andere Politikformen, andere Stimmen und neue Perspektiven, um nicht nur den jahrzehntelang gewachsenen Strukturen des Ausschlusses etwas entgegen zu setzen, sondern auch um die Idee „der guten alten Zeit“ zu entlarven und ihre Ungerechtigkeit und ihre fehlende Nachhaltigkeit in den Blick zu rücken. Was die „starken Männer“ (und lauten, polemischen Frauen) bauen, fordern und propagieren nutzt nämlich vor allem ihnen und in keiner Weisen denen, die sie wählen…