Beim Versuch, ein stärkeres Bewusstsein für diskriminierende Strukturen zu schaffen, geht es nicht darum, dass jede oder jeder sich „politisch korrekt“ verhalten muss, wie manche kritisieren. Es geht nicht darum, „etwas nicht sagen zu dürfen“, sondern darum, gemeinsam zu lernen und Ausgrenzungen und Verletzungen zu vermeiden. Wenn das Ziel eine gleichberechtigte Teilhabe und ein offener Umgang miteinander ist, dann geht es nicht um das Verbot bestimmter Begriffe, sondern darum, niemanden durch Sprache abzuwerten. Es geht zum Beispiel darum, Schulfeste so zu gestalten, dass alle mitfeiern können, ohne dass sich z. B. muslimische Familien mit einem trockenen Brötchen begnügen müssen, weil es nur Schweinefleisch-Würstchen gibt.
Das Tolle ist, dass Gleichberechtigung und Chancengleichheit nicht nur für marginalisierte Gruppen wichtig sind, sondern für alle. Studien zeigen, dass in Gesellschaften mit weniger Ungleichheit alle zufriedener und gesünder sind. Das liegt vermutlich daran, dass mit weniger Ungleichheit auch die Angst und der Stress vor sozialem Abstieg sinken. Antidiskriminierung und die Einbeziehung von bisher marginalisierten Gruppen kommen letztlich allen zugute.
Allerdings bedeutet es, dass Veränderungen nötig sind, bei denen einige ihre dominante Position aufgeben und sich auf ein Miteinander auf Augenhöhe einlassen müssen. Dieser Wandel kann verunsichern, weil „das Alte“ infrage gestellt wird und das zunächst ungewohnt ist und Abwehrreaktionen hervorruft. Doch es ist wichtig, dass neue Stimmen gehört und andere Perspektiven sichtbar werden. Aussagen wie „Das hat früher keinen gestört“ oder „Das haben wir immer so gemacht!“ dürfen nicht mehr der Maßstab sein, denn es hat Menschen gestört – sie wurden nur nicht gehört oder gesehen.
Es geht darum, dass alle Menschen, die Teil dieser Gesellschaft sind oder werden, mitreden und sich zeigen können. Es geht darum, dass sich jeder in Kultur und Medien repräsentiert fühlt. Und wenn das gelingt, könnte sich auch die „Norm“, an der wir uns orientieren, verändern, weil sie alle Menschen berücksichtigt. Diese Veränderung ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein Vorteil für alle – eine rationale und zukunftsorientierte Planung, die uns allen zugutekommt. Wir freuen uns darauf!