Es ist schön, dass es mittlerweile so vielfältige Formen von Familienmodellen gibt: ob als Patchwork, mit gleichgeschlechtlichen Partner*innen, alleinerziehend, in WGs oder oder. Und bei der Frage der (Un-)vereinbarkeit von Beruf und Familie geht es natürlich auch um die individuellen Absprachen in jeder Partnerschaft oder Familienkonstellation. Es ist nur einfach beeindruckend, wie wirkmächtig die traditionellen Rollenbilder bleiben. Gerade junge Paare, die sehr gleichberechtigt leben, ein ähnliches Bildungsniveau besitzen und sich gleichermaßen für die zukünftigen Kinder engagieren wollen, erstaunt es immer wieder, wie schwer es ist, gegen den Sog des traditionellen Familienbildes an zuarbeiten, wenn Kinder dazu kommen. Da teilen sich beide vielleicht noch die Elternzeit, aber dann geht die die Mutter in Teilzeit und der Vater, muss mehr arbeiten, um auch die Einkommenseinbußen auszugleichen. 

An dieser Stelle spielen natürlich auch handfeste Aspekte, wie Finanzen eine zentrale Rolle. Wer hat das höhere Einkommen und auf welches Gehalt bzw. einen Anteil davon können wir am besten verzichten? Der Gender-Pay-Gap (Verlinkung auf unseren Seite) verstärkt genau diesen Sog der bekannten Modelle, weil das Gehalt der Frau vielfach geringer ist und eine Teilzeit weniger ins Gewicht fällt.

Neben diesen monetären Fragen spielen aber auch Rollenerwartungen bei allen Überlegungen der familiären Organisation eine zentrale Rolle. Wenig Rollenbilder sind so rigide bei uns wie das der „Mutter“. Das Kindeswohl wird immer direkt an die Erfüllung der Mutterrolle geknüpft und gefühlt kommen da jedes Jahr neue Anforderungen hinzu: von Forschung, die aufzeigen möchte, dass Kinder schlauer werden, wenn sich die Mutter in der Schwangerschaft viel bewegt bis hinzu dem Glauben, dass doch die Mutter letztlich immer am besten weiß, was die Kinder brauchen, gibt es Bilder und Vorstellung, die einerseits die Bedeutung der Mutter riesig machen und gleichzeitig unglaublich beschränkend wirken, da es kaum mehr Raum für eigene Entscheidungen gibt, da es ja auch immer um das Wohl des Kindes geht. Das sind alles Strömungen, die das Aushandeln sehr anstrengend machen, weil es sich oft so anfühlt, als ob doch die traditionellen Rollen so in uns verwachsen sind, dass es schwer ist da rauszukommen. 

Und das macht all diese Anforderungen und Zuschreibungen auch so undurchdringbar, denn es ist kaum zu unterscheiden, was schon fast ideologisch, was einfach emotional und was ganz wichtig ist. Diese Rollenvorstellungen machen ja auch nicht vor den Personen halt, sondern sind auch Teil von diesen. Und genau dies ist auch Teil der Erfahrung des eingangs beschriebenen jungen Paars, die sich plötzlich dieser ganzen Flut an inneren und äußeren Ansprüchen gegenübersehen, die den Sog der traditionellen Aufgabenteilung verstärken. 

Diesen Widersprüchen und Konflikten ist jede Person, jedes Paar, jede Familienkonstellation zunächst ausgeliefert, da gibt es kein Entkommen. So wie bei uns aktuell noch (Un-)vereinbarkeit von Beruf und Familie organisiert wird, bleibt es allen Betroffenen nur ans Herz zu legen, diese Strukturen anzuschauen und offen in den Austausch zu gehen. Elternschaft halbwegs gleichberechtigt aufzuteilen ist eine permanente Aushandlung und leider auch ein durchgehender Auseinandersetzungsprozess. Nur mit offenen Worten, Möglichkeiten zum das Feststellen eigner Bedürfnisse, ganz viel Humor (!!!) und Raum für Veränderungen, wenn sich etwas eingefahren hat, gibt es eine Chance, auf der individuellen Ebene etwas zu verändern. 

Die gesellschaftlichen Verhältnisse und Rollenbilder unterstützen diese Frage der Gleichberechtigung von Männern und Frauen nur bedingt. Arbeitsmodelle und Gesellschaftsstrukturen bauen immer noch auf die Idee des alleinverdiendenden Ehemannes mit der Hausfrau auf, die sich in der privaten Sphäre um alles kümmert. Das dies von vielen mittlerweile weder gewollt noch rein finanziell gelebt werden kann, bleibt dabei unberücksichtigt. 

Es ist ein spannender Weg, individuell gleichberechtige Wege zu versuchen auch wenn es mühsam ist, dennoch ist es natürlich auch wichtig, gesellschaftlich breiter an einem Umdenken zu arbeiten, da können natürlich Beispiele auf der individuellen Ebene von gelebter Gleichberechtigung einen wichtigen Anteil leisten!

Wer sich inspirieren lassen möchte, kann z. B. bei folgendem Podcasts mal reinhören:

Tipp: Podcast: Eltern in Balance – Impulse für eine Feministische Elternschaft von Hanna Drechsler,
Link: https://www.hannadrechsler.de/podcast-eltern-in-balance/