Geschlechtervielfalt wollen und trotzdem über die Benachteiligung „der Frauen” sprechen, geht das zusammen?
Wir haben uns entschieden, auf diesen Seiten von „Frauen“ und „Männern“ zu sprechen, wenn wir bestehende Ungleichheit und Stereotypen benennen. In den Ausführungen beziehen wir aber immer wieder auch die Vielfalt von geschlechtlichen Identitäten mit ein und wollen mit unseren thematischen Vertiefungen aufzeigen, dass die vorherrschenden Ideen von „Frauen“ und „Männern“ sozial entstanden sind, es aber eine Vielzahl an Identitäten und Ausprägungen gibt, wie die zugewiesene Geschlechterrolle ausgefüllt oder auch abgelehnt wird.
Die Frage nach der Notwendigkeit der Sichtbarmachung von Benachteiligungen von Frauen einerseits, bei gleichzeitiger Ablehnung starrer binärer Geschlechterverständnisse andererseits ist ein komplexer Konflikt, der auch innerhalb frauenpolitischer Diskurse und der Geschlechterforschung immer wieder auftritt. Einerseits ist es wichtig, die strukturelle Benachteiligung von Frauen sichtbar zu machen und zu bekämpfen. Andererseits kann die Fokussierung auf „die Frauen“ dazu führen, dass Zweigeschlechtlichkeit und die damit einhergehenden Normen gefestigt werden, was wiederum andere Geschlechtsidentitäten ausschließt und ignoriert.
Die unkommentierte Übernahme der Kategorien wie „Frauen“ und „Männer“ birgt die Gefahr, dass diese Kategorien als natürlich und unveränderlich betrachtet werden, anstatt sie als soziale Konstrukte zu hinterfragen.
Die Forderung nach mehr Repräsentation von Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist dennoch wichtig, um strukturelle Ungleichheiten zu beseitigen. Gleichzeitig ist es wichtig, darauf zu achten, dass nicht nur ein bestimmtes Bild von „Frau“ reproduziert wird, sondern die Vielfalt von Lebensrealitäten, Hintergründen und Identitäten innerhalb dieser Gruppe sichtbar wird.
Der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen sollte nicht auf Kosten anderer marginalisierter Gruppen gehen. Es ist wichtig, intersektionale Perspektiven einzunehmen und zu berücksichtigen, dass sich verschiedene Formen von Diskriminierung überschneiden und gegenseitig verstärken können.
Es geht letztendlich darum, in der Gleichstellungsarbeit einen Ansatz zu verfolgen, der sich für die Gleichberechtigung aller Menschen einsetzt und dabei die Komplexität von Geschlecht und Identität anerkennt.